Eifelwanderung der Alten Herren

Verfasser: Friedrich Oesterlen

Es war Donnerstagmorgen, der 14. Juni, und die Sonne lachte, als wir uns nur zu viert um 10 Uhr auf die lange Strecke nach Aachen machten. Uwe fuhr und wir anderen lasen, dösten, redeten und genossen den sonnigen Tag. Paul Smith sollten wir erst abends im Hotel treffen, da er „dort unten“ wohnt.

Um ca. 13.30 Uhr erreichten wir die schöne Aachener Altstadt, schlenderten über den Markt mit vielen bunten Ständen. Heißem Backfisch und leckerem italienischen Eis konnten wir nicht widerstehen.

Aachen ist nicht nur berühmt wegen seiner guten Printen (Mitbringsel für die Daheimgebliebenen), sondern auch wegen seines großen Doms mit einem beeindruckenden romanischen Oktogon im Zentrum und seiner zahlreichen gotischen Anbauten.

Zum Kaffee und belgischem Reiskuchen waren wir in der Nähe von Aachen bei Jürgens Bruder in Kornelimünster – einem schönen bergigen Städtchen mit Kloster – eingeladen. Auf einem Spaziergang durch und um die Stadt zeigte uns Dr. Wolfgang Butzkamm u.a. das „Vernaneum“, Überreste einer gallisch-römischen Tempelanlage aus Natursteinen auf einer Anhöhe mit herrlichem Blick ins Eifeler Land. Die Sonne verwöhnte uns immer noch.

Ein weiterer Blick in das sehenswerte romanische Münster hinterließ bei uns eine mystische Stimmung. Beim anschließenden Grillen unterhielten wir uns über die Geschichte des Ortes und unser Programm an den nächsten Tagen. Erst um 21 Uhr verließen wir die freundlichen Gastgeber, fuhren ca. 1 Stunde in die Eifel in unser Hotel bei dem Örtchen Kalterherberg in absoluter Waldeinsamkeit, schlossen dort Paul in die Arme, tranken Bier und redeten bis in die Nacht.

Der Freitag empfing uns mit dunklen Wolken aber gutem Frühstück. Alle hatten sich bereits für eine lange feuchte Wanderung angezogen. Um 9.30 Uhr erschienen unsere Führer – echte Eifeler – Dr. Erich Güttler und Hans Jürgen Moll: der eine Spezialist für das riesige Hochmoor – das Hohe Venn, überwiegend in Belgien und der andere vertraut mit dem örtlichen Naturschutzpark Eifel.

Wir entschieden uns, heute in das Hochmoor zu gehen, Bei strömendem Regen fuhren wir zunächst – vorbei an vier Meter hohen Buchenhecken, die in den Ortschaften hier typisch sind für die Abgrenzung von Grundstücken zur Straße hin – bis zum Ausgangspunkt unserer Wanderung nach Belgien.

Etwa ¾ des Hohen Venn liegt in Belgien. Überwiegend hölzerne Stege sind naturschonend durch das Hochmoor gebaut. Verkleidet wie „Butzemänner“ gegen den Regen, machten wir uns auf den Weg. Drei Stunden führte uns Hans Jürgen durch das Hohe Venn und erklärte den Aufbau des Moores und zeigte uns Wollgrasfelder, Pfeifengras, Glocken-heide, Storchschnabel, Rotklee, Knaben-kraut und anderes mehr. Der Sieben-stern, eine kleine gelbweißlich blühende Pflanze, ist das Wahrzeichen dieses Nationalparks. Saalweiden sind die einzigen höheren Büsche und Bäume in der sonst relativ flachen Landschaft. Zur Renaturierung sind Dämme angelegt, die den Abfluss von Wasser bremsen und das Moor wieder wachsen lassen. Eine große Familie von Kanadagänsen kreuzte unseren Weg und beobachtete uns Butzemänner aufmerksam. Trotz des strömenden Regens war die Stimmung ausgezeichnet, da unser Spezialist sehr lebendig und eindrucksvoll von dieser einmaligen Landschaft zu erzählen wusste und keine Antwort auf unsere Fragen schuldig blieb.

Nach unserer Brotzeit in einer Rasthütte belohnte uns Petrus: es hörte endlich auf zu regnen. Auf dem einstündigen Rückmarsch zu den Autos sahen wir noch ganze Arbeit von Bibern: ein großer Baum war zu ¾ am Stamm abgenagt.

Die Rückfahrt im Sonnenschein führte uns in Mützenich in eine urige Kneipe. Hier genossen wir das Eifeler „Els“, einen Spitzenkräuterschnaps auf Wermutbasis – der richtige Abschluss eines interessanten Tages in einer Ecke, die wir Nordländer kaum kennen.

Im Hotel genossen wir zunächst die Sauna und anschließend einen vorzüglichen Rehbraten. Zu Pauls Begeisterung trug sicher auch bei, dass an diesem Abend das Fußballspiel England gegen Schweden 3:2 für die Engländer ausging.

Am Sonnabend regnete es wieder. Trotzdem war die Stimmung nur leicht getrübt, weil wir unsere Schuhe im Heizraum des Hotels über Nacht getrocknet und uns innerlich bereits auf feuchtes Wetter eingestellt hatten. Mit Erich – dem zweiten Spezialisten für den Naturschutzpark Eifel – ging es in eine völlig andere Landschaft im Perlenbach-tal. Der Rundwanderweg führte direkt von unserem Hotel durch ein bewegtes, hügeliges Gebiet, durch Wiesen mit hohen Gräsern, Butterblumen, Wicken, wildem Knöterich und Sauerampfer. Ginsterfelder, Birken, Eichen und Ebereschen säumten den Weg. Murmelnd, manchmal laut rauschend, mäanderte der Perlenbach durch dieses Paradies. Ein Reh verharrte in der bewegten Märchenlandschaft und beäugte uns. Das Perlenbachtal erstreckt sich ebenfalls nach Belgien und ist gelegentlich militärisch genutzt.

Am Nachmittag waren wir wieder im Hotel, wechselten unsere nasse Klei-dung gegen trockene und fuhren in ein nahe gelegenes kleines Dorf mit Cafe in einem uralten Eifelerhaus. Wir schwelgten in riesigen Kuchenstücken vom Blech: Stachelbeeren, Pflaumen, Apfel-streusel und Erdbeeren mit Sahne, heiße Trinkschokolade oder Tee – der gerechte Ausgleich fürs Wetter.

Erich begleitete uns anschließend noch in das schöne Fachwerkstädtchen Mon-schau, wo wir uns von ihm mit großem Dank verabschiedeten. Wir sahen uns das Städtchen an – wirklich sehenswert – aber trotz Regen viele Touristen – überwiegend Holländer. Zahlreiche Kneipen, aber keine, die uns gefiel. Eigentlich wollten wir dort essen. Stattdessen ein einhelliger Beschluss: zurück in unser gemütliches Hotel in der Waldeinsamkeit mit guter Küche und sehr freundlichem Personal. Es war die richtige Entschei-dung.

Der Sonntag verwöhnte uns mit strahlender Sonne. Mittags wurden wir von Monika, Pauls deutscher Frau, mit Kaffee und Kuchen in ihrem neuen Domizil in Brüggen an der Schwalm freundlichst bewirtet. Eine Besichtigung des Hauses schloss sich an. Paul, selbst Architekt, hat das Haus umgebaut und einschließlich Energiesparmaßnahmen stark verbessert. Ein Spaziergang durch das alte Brüggen mit Burg, Zollhaus, Rathaus und Marktplatz rundete den sehr positiven Eindruck von Pauls neuer Heimat ab. Um 15 Uhr verabschiedeten wir uns mit baldigen Wiedersehenswünschen und rollten zurück gen Celle.

Fazit: Es waren für uns ein paar erlebnisreiche, eindrucksvolle Tage in einer wunderschönen Ecke Deutschlands. Ein Besuch – auch länger – lohnt sich!

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